Buchhaltungssoftware für Kleinunternehmer gibt’s von der ständig kopierten rechnung1.doc (am Jahresende mit den Belegen aus schuh1.karton in mappe1.xls gegenrechnen) bis hin zu „Mein Büro Easy“ mit der unabdingbaren Mitarbeiter- und Fuhrparkverwaltung vor der Lieferantenkette. Beides nicht so meins.
Zur typischen außerhäus- und bürolichen EDV-Tätigkeit fahre ich wie eigentlich zu jedem anderen Ort der Welt per Rad. Laptop, Net- und Ultrabook (Akku voll? Akku leer!) sind dabei eher hinderlich und würden im Rucksack auch zusammen stoßen. Kennt übrigens noch jemand den Siemens-Servicetechniker, der am Schluss immer sein Windows 95 booten und den Nachweiszettel zum Unterschreiben „mal eben schnell“ über den „mobilen Aufklappdrucker“ ausgibt? Doch, den gibt’s noch. Mann und Drucker. Jedesmal viel Zeit zwischen den Zeilen für die Lebens- und Leidensgeschichte.
Für mich wäre eine web-basierte Lösung am schicksten. Die ich aber selbst unter Kontrolle habe; also nicht irgendwelche Routerpasswörter vom Kunden in die Cloud schreiben muss. Meistens finden sich vor Ort auch ein nicht vollkommen verwanzter Browser mit Sandbox-Mode und SSL-Fähigkeit sowie ein DSL-Anschluss. Wenn nicht, wird’s repariert. Internet hätte ich zur Not auch auf dem Smartphone dabei.
Eine Rechnungssoftware sollte idiotensicher verständlich und trotzdem anpassbar sein, z.B. um anfallende Daten oder eigene relationale Datenbanken anzubinden. Jeder, wie er will; ich habe mich für Intrexx entschieden, weil wir das auch auf der Arbeit haben und mir das Prinzip dieser Software gut gefällt.
Man nehme:
- einen erreichbaren Server
Windows, Linux, Mac, Egal. Allerdings reicht einfacher Webspace nicht aus. Es muss schon die V-/Rootserver, aws oder heimische Dyndns-Variante sein.
Dort werden 2-3 Java-Prozesse für die Verwaltung und einer fürs sog. Portal laufen. - eine Client-Software fürs Design
Windows, Linux, Mac, Egal. Der Einfachheit halber zusätzlich gleich mit auf dem Server. Mit der Client-Software werden eigene Anwendungen zusammengeklickt/programmiert bzw. gekaufte Spezialanwendungen publiziert. - ein Portal
Portale sind, wie der Name schon sagt, eine Ansammlung von Anwendungen, auf die per Browser von irgendwo zugegriffen wird. Beim Kauf gibt es neben der Server-Software auch den Client und ein bis zwei Musterportale mit 15-20 fertigen Anwendungen dazu. In der Pro-Version bildet das Musterportal ein Intranet ab, die Anwendungen in der Compact-Version zielen auf ein kleines Unternehmen ab. - eine Spezialanwendung
Sofern Sie Ihre benötigte Anwendung nicht selbst mit dem Client erstellen, kaufen Sie diese als Paket, welches Sie anschließend in Ihrem Portal publizieren. Der Sales Manager wäre so eine Anwendung.Für Nerds interessant: Man kauft hier sozusagen nicht nur die fertige Anwendung, sondern gleich deren Source mit. Anpassungen sind im Normalfall erlaubt, auf mögliche Probleme wird explizit hingewiesen.
Das Ganze erinnert mich ein wenig an MS-Access. Irgendwo läuft eine Datenbank (wenn auch nur per Doppelklick oder Jet-Engine), in der man Tabellen (Intrexx: Datengruppen) basteln kann, die zueinander in Beziehung stehen. Mit Hilfe von Formularen (Intrexx: Eingabe- bzw. Ansichtsseiten) wird auf die Tabellen zugegriffen. Makros (Intrexx: Prozesse) sorgen für automatisierte Abläufe und Programm(ier)logik in Modulen (Intrexx: Serversprachen/Klassen) sorgt für komplexere Möglichkeiten.
Das Compact-Musterportal in Ihrer Schachtel bringt schon einen ordentlichen Grundstock an Anwendungen für den Kaufmann mit. Der Sales Manager wird später auf derer zwei zugreifen: Den Artikelstamm und die Kundenkartei.
Zum Start legt man sinnvollerweise ein paar Artikel an. Das könnten im IT-Dienstleistungsgewerbe sowas wie „Arbeitsstunde“, „Anfahrtspauschale“ oder „Virenfrei-Paket“ sein.
Ein Kunde ist jemand, der sich für einen Artikel interessiert und ein Angebot darüber erhalten kann, aus welchem ein Auftrag und später eine Rechnung/Storno/Gutschrift werden können. Kundenangaben bzgl. Umsatzsteuerpflicht, Zahlungsziel oder Rabatt finden sich später automatisch auf der Rechnung wieder.
Letzere ist dann Bestandteil des Sales Managers. Sie setzt sich zusammen aus fixen Elementen wie Name / Anschrift / Steuernummer des Kleinunternehmens und aus flexiblen wie erbrachten Leistungen (s.o.), Textbausteinen oder Konditionen für den jeweiligen Kunden (s.o.). Fertig zusammengeklickte Rechungen werden gebucht und als pdf aus- bzw. direkt an den Kunden weitergeben. Schade, dass ich keinen mobilen Drucker habe 🙂
Jede Nacht holt ein Prozess die gebuchten Rechnugen in die Offene-Posten-Liste der Applikation Gewinnermittlung, die ich auch empfehle. Da bleiben sie solange stehen, bis das Geld über Konto 1000 (Kasse) oder 1200 (Bank) reinkommt. Die Zuordnung zu den Steuerkonten braucht der Kleinunternehmer eigentlich nicht, aber so schwer ist die Suche im SKR-03 auch nicht. Ggf. nach „150 Euro“ googeln. Wenn Ihnen das zuzuordnende Umsatzsteuerkonto fehlt (eben, weil Sie keine ausweisen, (Ihr Pappnasen!)), dann legen Sie sich einfach einen Dummy mit 0,00 Mwst an. Wie gesagt: Braucht man nicht in jeden Fall, aber ich finde die damit verbundene Zuordnung zur jeweiligen Zeile auf der EÜR ganz nett. Falls das mal einer vom Finanzamt sehen will.
Das Schöne an der Sales-Manager-Geschichte sind aber nicht so sehr die Bedienung und die Reduktion aufs Wesentliche, sondern die Erweiterbarkeit der Anwendung nach eigenen Wünschen. Ich wollte z.B gerne eine Möglichkeit haben, gescannte Rechnungen und Belege an die Ausgabenbuchungen anzuhängen. Neues Feld vom Typ Datei-/Bild definieren, in Eingabeseite bauen, fertig. Ebenso wie Notizen zum Kunden vor Ort, wenn der später wieder wegen seiner vergessenen Zugangsdaten anruft. (12-stellige T-Online-Nummer? Habe ich NIE gekriegt.).
Tipp: Gehen Sie beim Erweitern einer gekauften App nicht über Los, sondern binden Sie die im Sales Manager / Gewinnermittlung verwendeten Tabellen lieber als Fremddatengruppen in Ihre eigene Anwendung ein. Kommt aufs Gleiche raus und Ist sicherer, wenn es Updates gibt.
Zum Abschluss noch ein Tipp: Intrexx kann eine ganze Menge und kostet deshalb mittlerweile auch eine ganze Menge Geld. Leider. Meine 50-Euro-Compact können Sie nicht mehr schießen.
Aaaber: Falls Sie oder sonstwer die Software im nicht-kommerziellen, sozialen Umfeld einsetzen will (oder für ein Tierheim, das gaaanz süße Kätzchen pflegt), dann rufen Sie am besten mal kurz in Freiburg durch. Für wohltätige Organisationen machen die Jungs und Mädels dort einfach nur eine Schleife um die Schachtel und geben sie in die Post.
Zum Abschluss: Erwähnen Sie diesen Blogpost. Ich krieg ja auch gern Geschenke. Hoffentlich.
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